AAA |
|
eAA | |
-------------------------------------------Lieblingsschwester----------------------------------------- | |
AAAA | |
Heute Nacht habe ich wieder von Aia geträumt. |
|
Wir saßen aufgedonnert im ICE und rollten einer verheißungsvollen Party entgegen. |
|
Als wir unser Ziel, eine hell erleuchtete, baufällige Jugendstil Villa erreicht hatten, winkten einige |
|
Angeheiterte schon fröhlich aus den Fenstern. Nach den ersten flotten Sambaklängen war unsere |
|
Partylaune nicht zu bremsen, wir tanzten Hüfte-kreisend der Musik entgegen - und das war's schon! |
|
Wie das Fest sich entwickelte, weiß ich mal wieder nicht. Als wäre es vermessen, sich eine heitere |
|
Gesellschaft dazu zu träumen. Auch der perlende Champagner, den ich kurz darauf auf der Zunge |
|
hätte spüren können, war mir nicht vergönnt. |
|
Warum müssen schöne Träume oft im Nichts oder ärgerlich enden? |
|
Vor zwei Jahren, als Aia heftig mit dem Mann meiner Träume flirtete, war ich ähnlich enttäuscht. |
|
Es war unfair sich ludermäßig ranzuschmeißen, obwohl er vom Schicksal für mich bestimmt war. |
|
Unreife Teenager Logik, in diesem Traum muss ich uns besonders jung geträumt haben. |
|
|
|
Beim Aufwachen war ich trotzdem schwer gekränkt und fragte mich, warum sie sich im Traum zu |
|
etwas hinreißen ließ, wovon sie im wahren Leben nie geträumt hätte. Ausgerechnet in meinem Traum! |
|
Schließlich träumt kein Mensch auf der Welt so oft und schön von ihr wie ich. Glücklicherweise kam |
|
so etwas nicht mehr vor und jetzt träume ich wieder nur Schönes. Dass wir viel und gern miteinander |
|
reisen, beispielsweise. |
|
Wir sind ja gemeinsam gereist, doch hätten wir in die Zukunft blicken können, wären wir doppelt so |
|
oft unterwegs gewesen. | |
*** | |
Der Aufenthalt in Südtirol bleibt unvergessen! |
|
In Berlin war es derzeit recht smoggy - hier war es traumhaft! Wir ließen uns gern von den | |
schneebedeckten Bergen, der Ruhe, der Luft und der klaren Sicht in den Nachthimmel verzaubern. | |
In dieser Atmosphäre stellte ich es mir leicht vor, mich eines Abends mit meinem Lieblings- | |
Champagner in den unberührten Schnee zu legen, die Sterne zu bewundern und morgens nicht mehr | |
aufzuwachen. Das entsprang keiner Depression, ich dachte auch nicht ernsthaft daran, ich war nur | |
glücklich, im Falle eines Falles auf die beste aller Möglichkeiten gestoßen zu sein. | |
ssss | |
Und bin immer noch da, um von Aia, die solche Gedanken nicht hatte, träumen zu können. |
|
Ja es war schön, abends tanzten wir den Schneewalzer und tagsüber wollten wir den Schnee | |
bezwingen.Obwohl Aia sich nicht sonderlich anstrengte, erwies sie sich geschickter als ihr | |
ehrgeizige Freund Mark.Von mir als "Fortgeschrittene" hätte ich auch mehr erwartet! Vorzugsweise | |
bei Linkskurven legte ich mich immer mal wieder in den Schnee. Ich überschätzte das Tempo, das | |
ich mir zutrauen durfte und wurde prompt vom Gesetz der Schwerkraft zurückgepfiffen. | |
Wir wohnten im hübschen und auch einzigen Hotel des Ortes, das dem Besitzer der Skischule, | |
Andreas gehörte. Ein interessanter
Typ, der mit mir flirtete, mir aber
gleichzeitig von seiner Verlobung |
|
mit einem Mädel vom Nachbarort erzählte. Vermutlich nicht die ganz große Liebe, sondern ein Mädel | |
das was taugte. "Hier in den Bergen muss eine Frau was taugen" klang auch so, als müsse er sich | |
dafürentschuldigen. Als sein abschätzender Blick mir verriet, wofür ich taugen könnte, konnte ich eine | |
gewisse Spannung zwischen uns nicht leugnen. Noch war die Braut nicht da, aber Nein! | |
So spannend die Mischung aus knisternder Erotik und nüchterner Coolness sein kann, ohne eine Prise | |
Romantik oder einen Schuss Innigkeit taugt die schönste Versuchung nichts. Und obwohl ich ihn |
|
aufregend fand, fiel es mir nicht schwer, ihn treu zurückzulassen. | |
Für die
Zukünftige, die fleißig wie
eine Ameise, uneitel wie eine Nonne und treu wie Gold sein
würde. |
|
Echtes Gold - nicht zu vergleichen mit meinem üppigen, goldenen Modeschmuck, den ich abends | |
gern anlegte. Da ich tagsüber weiter den Schnee küsste, fragte mich Skilehrer Toni, was ich wohl | |
immer imTiefschnee zu suchen
hätte. Falls ich nach weiterem Gold schürfen
wollte, könnte er mir |
|
empfehlen, es mal im Bach zu versuchen. Aia lachte schallend, ich natürlich auch, aber es war schon | |
peinlich, so unter Beobachtung zu stehen. Fortan gab ich wenigstens auf der Zielgeraden nach unten | |
richtig Gas."Aber Schneid hat sie" lachten sie nun. Na immerhin! | |
Am nächsten Abend schmiss Florian, ebenfalls Skilehrer, eine Lokalrunde und als wir nach dem | |
Grund fragten, schenkte er uns ein geheimnisvolles Lächeln. | |
Aia tippte auf Geburtstag, Namenstag, bestandene Prüfung, Lottogewinn, aber alles wurde verneint. | |
Nach der Handbewegung eines Freundes kam ich auf ´großen Fisch gefangen` aber nein, er war | |
stolzer Vater geworden. | |
Wir verstanden die Geheimnistuerei nicht, bis sich herausstellte, dass er sein Skilehrer Sex Appeal | |
nicht beschädigen wollte. Das verstanden wir noch weniger, es gab umschwärmte Skilehrer, er war | |
aber eher der Kumpeltyp, sympathisch und unaufregend, dessen Vaterglück ihm jede aus seiner | |
Gruppe gegönnt hätte. Dass er sich als potentiellen Casanova wahrnahm, hatte ich damals etwas | |
belächelt, doch längst ist mir klar,dass jeder ein Recht auf seine Illusionen hat, wie auch jeder seine | |
eigene Wahrheit haben darf! | |
*** | |
Aia, die sich immer noch spielerisch durch den Schnee lavierte, amüsierte sich über Mark, der jedem, | |
der ihm nach einem Sturz auf die Beine half, einen Obstler versprach. Das war leicht verdient! Ich | |
konnte mir selbst, aber auch jedem anderen in Sekundenschnelle hochhelfen. Wenigstens da machte |
|
sich der Drill von Susanne, einer befreundeten Sportlehrerin bezahlt. Mark hielt immer Wort, so dass | |
beim Après Ski selten jemand nüchtern blieb. Als in der zweiten Woche Christian und Carsten, | |
zwei Freunde von Mark auftauchten, war unsere Clique komplett. Die beiden waren witzig, wir waren | |
witzig, jedenfalls hatten wir sehr viel zu lachen. | |
Manchmal hat man den Humor mit Löffeln gefressen - manchmal auch nur einen Obstler zuviel gekippt. | |
So oder so - solange es fröhlich macht..... | |
******** |
|
Die Italienreise hatte ich bereits gebucht, als Aia plötzlich mitkommen wollte. | |
Und zwar so sehr - dass ein Nein nicht in Frage kam. Sie brauchte dringend einen Wechsel und ich | |
hatte die Chance ihn ihr zu bieten. Zwischen ihr und Mark kriselte es, also machte ich ihn für ihre | |
geknickte Verfassung verantwortlich, staunte aber gleichzeitig, wie leicht sie sich in Frage stellen ließ. | |
Einstrahlender Stern, solange es Komplimente hagelt, ein Wischlappen, sobald sie wie einer | |
behandelt wird. | |
Mark, der am Anfang ihrer Beziehung sein Glück nicht fassen konnte, ließ sie jetzt unmissverständlich | |
spüren, dass er sie als verzichtbare Selbstverständlichkeit betrachtete und völlig verunsichert, suchte | |
sie die Schuld bei sich. Dass ich sein Verhalten als "wenn's dem Esel zu gut geht" Überheblichkeit | |
empfand, half ihr nicht weiter. Sie gefiel sich nicht mehr, sie ließ sich gehen, was ihn bestärkte und | |
noch abweisender machte. Ein Teufelskreis! | |
In unserer Gegenwart hatte Mark sich allerdings im Griff | |
Die Gewissheit, jede der Schwestern würde wie eine Hyäne auf ihn losgehen, ließ ihn nie die | |
Beherrschung verlieren. Was hinter verschlossenen Türen geschah, ging uns nichts an. Und das | |
ist auch richtig!Aia wusste wir stehen zu ihr, gewalttätig wurde er nicht und solange sie an der | |
Beziehung festhält, müssen wir uns raushalten. Sie wird ihre Gründe haben - die keiner verstehen | |
muss - und die sie vielleicht selbst nicht erklären kann. | |
Italien tat Aia richtig gut! | |
Üblicherweise wird dort die Blondine zuerst wahrgenommen, diesmal verblasste ich hinter ihr. | |
Gerade noch zum Wischlappen degradiert, kam unvermutet das Rasseweib zum Vorschein und | |
löste ungebremste Begeisterung aus. Ich freute mich für sie und übernahm gern die Rolle der | |
Gesellschafterin einer Silvana Mangano. Kennen heute die wenigsten, doch mir fällt keine | |
vergleichbare, aktuelle Schönheit ein. Außerdem hatte ein gewisser Hans Vessen sie einmal mit |
|
dieser Schauspielerin verglichen. |
|
Als Witzereißer musste er ein spaßiges "für arme Leute" hinterherwerfen, dass das Kompliment | |
in unseren Augen aber nicht entwertete. Von den Komplimenten, mit denen man Aia in Rom, | |
Neapel oder Ischia überschüttete, wurde keins nachträglich beschnitten oder von ihr vergessen. | |
Eine selbstbewusste Schwester flog mit mir nach Berlin zurück. | |
Fest entschlossen, sich nicht mehr drangsalieren zu lassen! Dass 10 Tage so viel verändern | |
konnten, grenzte an ein Wunder. Die Mini Affäre mit einem glühend-besessenen Verehrer mag | |
dazu beigetragen haben, doch größtenteils war es die allgemeine, offene Bewunderung, die ihr | |
Selbstwertgefühl aus den Trümmern zurückerobert hatte. Der Teufelskreis war unterbrochen! | |
Aia strahlte in die Welt, betonte wieder ihre natürlichen Reize und erntete wohlwollende Blicke. | |
Dank ihrer neu gewonnenen Lebensfreude, ihres Charmes und vielleicht auch ihrer langen Beine, | |
flogen ihr wieder alle Herzen zu, Es war als tanze sie auf einer unsichtbaren Glücksspirale! | |
Auch Mark hatte sich verändert. | |
Aias Verwandlung flößte ihm Bewunderung und Respekt ein. Plötzlich war sie wieder der | |
Mittelpunkt - und er stand begeistert und stolz daneben. Andrerseits misstraute er dem Wandel, | |
was milde Eifersucht in ihm auslöste, also alles wieder so wie es sein sollte. | |
Anzunehmen, alte Muster könnten nicht wieder aufbrechen, wäre allerdings naiv. |
|
Liebe geht seltsame Wege - und das soll sie auch! Wer Beständigkeit oder eine Garantie erwartet, | |
sollte sich rechtzeitig um eine Vernunftehe
bemühen. Wem erotische Blicke und Herzklopfen |
|
wichtig ist, wird auch mal leiden, sich aber immer lebendig fühlen. Wer öfter verliebt war, sollte | |
irgendwann gelernt haben, sich zu behaupten und, falls nötig, das Ende mit Fassung und Stolz zu | |
ertragen. Letztlich ist es befreiender, als nahtlos in die Rolle der Fußmatte
oder des Wischlappens |
|
zu schlüpfen. Aber das hatte Aia schließlich begriffen! | |
*** | |
|
Gemeinsam auf Ibiza! |
Als ich auf Ibiza ankam, lebten Aia und Mark bereits 6 Wochen in einer kleinen Finka, perfekt |
|
eingebettet in einer wilden, verwunschenen Gegend. Das nächste Haus war 2 km und die nächste | |
Kneipe über 4 km entfernt. Ich vermutete einen Hang zur Abgeschiedenheit, es war aber eher der | |
Drang nach Bewegung und Sportlichkeit. Beide hatten angefangen zu joggen, genossen lange | |
Spaziergänge und das Auto durfte ausschließlich für größere Strecken genutzt wurde. | |
Für Mark eine erstaunliche Umstellung, doch er hielt sich daran, denn schon am nächsten Abend | |
schlugen wir uns fröhlich durch die Wildnis. Ich sollte mich mit der Gegend vertraut machen und | |
am Ende des Weges tauchte zur Belohnung die Kneipe auf. Dort brannte die Luft und ich fing | |
mir einen schönen Schwips ein. Einen Morgenkater befürchtete ich nicht, dank des langen | |
Rückwegs hatte der Wind genug Zeit, meinen Kopf vom Alkohol frei zu pusten. | |
vvv | |
Die Kneipe war einfach, gut besucht und offenbar kein Touristen Treffpunkt. Außer Spanier | |
verkehrten hier (vorwiegend deutsche) Aussteiger. Hier fiel mir zum ersten Mal auf, dass in |
|
Aussteiger Kreisen das Aussteiger Dasein hochgelobt - die Heimat verschmäht - und ausgiebig |
|
gesoffen wird. Was mehr auf Resignation als auf ein erfülltes Leben schließen lässt, doch was |
|
soll's! Mit Aia fühlte ichmich überall wohl, ich war sofort mittendrin und wir kicherten und | |
quatschten um die Wette. Mark saß etwas entfernt und unterhielt sich mit einigen, laut | |
diskutierenden Aussteigern. | |
Im Laufe des Abends stellte Aia mir Peter vor, von dessen Miniaturbildchen sie bereits | |
geschwärmt hatte. Wie die meisten war auch er notorisch abgebrannt, doch zu sanft, um die | |
Heimat zu verteufeln. Diesem feinen Charakter spendierte ich gern ein paar Drinks. Auch bei | |
weiteren Treffen konnte er auf mich zählen und so machte er mir beim Abschied eine große | |
Freude mit einem seiner liebevollgemalten kleinen Kunstwerke. | |
vv | |
Zum Strand liefen wir glücklicherweise nur 15 Minuten! Was nicht der einzige Grund war, | |
warum wir dort öfter als in der Kneipe gesehen wurden. Aia war eine Wasserratte und ich |
|
sowieso! Die ersten drei Tage war ich so oft im Meer, als fürchtete ich, es könnte am nächsten | |
Tag verschwunden sein. Erst danach spielte ich Tischtennis oder Boccia mit Aia und anderen | |
Spielbegeisterten. Manchmal lagen wir auch nur im Sand, lauschten den Wellen und schauten | |
aufs Meer. Aufs Meer zu schauen hat für mich immer etwas magisches und eines Nachmittags | |
schrieb ich ein Gedicht an die Wellen. Eine Mixture aus Lebenslust und Todessehnsucht, aber | |
nicht ohne Happy End. In meinen Augen, andere mögen über den traurigen Aspekt stolpern, | |
aber nicht meine Schwester Kiki, die meinen Wunsch, tief unten bei den Nixen zu bleiben, mit | |
"Das könnte dir so passen," kommentierte. | |
Mark sah man nur morgens in den Fluten, danach wanderte er am Strand entlang, um sich später | |
mit Freunden an der Strandbar zu treffen.. Ob das sein unumstößlicher Tagesablauf war oder ob | |
er uns Schwestern Zeit füreinander lassen wollte, hat sich mir nicht erschlossen. Spielte auch keine | |
Rolle, da ich die Zeit mit Aia auch in seiner Gegenwart genießen konnte. Was ja für ihn sprach! | |
Das Leben in der Finka war von romantischer Einfachheit. Tagsüber hielten wir uns draußen auf, | |
abends aßen wir bei Kerzenschein, was eine Stimmumg wie aus einer anderen Welt herbeizauberte. | |
Ganz besonders gefiel mir, wie wild der Widerschein der züngelnden Flammen in unseren | |
Rotweingläsern tanzte. Es hatte etwas geheimnisvolles, war aber dem Mangel an Elektritzität zu | |
verdanken! | |
Meistens gab es Tortilla mit wechselnden Salaten, was immer schmeckte, weil Aia es exakt | |
nach meinem Herzen machte. Gerade ein einfaches Gericht kann fade oder köstlich sein und | |
Zauberin Aia hatte den Dreh raus. | |
Gekocht und gebraten wurde mit Paraffin, was mir nie recht geheuer war und ich mich feige im | |
Hintergrund hielt, wenn andere damit hantierten. Ein notorischer Feigling bin ich aber nicht, ich | |
erinnere mich auch an mutige Momente. | |
Aus den Anden beispielsweise! Auch in 4000 Meter Höhe sausten die Busse so angsteinflößend um |
|
die Kurven, dass es mir jedes Mal den Atem verschlug. Und es gab tausende von Kurven! In den |
|
ersten 3 Tagen berauschte ich mich an der gigantischen Blütenpracht und an dem Gefühl, mit dem Bus |
|
über den Wolken zu schweben. Danach stieg ich auf Nachtbusse um. Paradox, doch in England lernte | |
ich, dass der Feigling tausend Tode und der mutige nur einen stirbt. | |
Während meiner Südamerika Reisen hielt ich mich daran, bei lumpigen Gasflaschen feilsche ich nicht |
|
gern mit den Wahrscheinlichkeiten, sondern gehe lieber in Deckung. |
|
Am sichersten war’s, wenn keiner mit den Flaschen spielte und wir auswärts aßen. Es gab genügend. |
|
malerische kleine Restaurants, die hielten was sie versprachen und 2 x besuchten wir Ibiza Stadt. |
|
Da haben wir auch fein gegessen und uns danach in der angesagten Disco die Seele aus dem Leib | |
getanzt. Ich weiß ich fand Ibiza Stadt sehr schön, habe aber keine klare Erinnerung, Mir fällt es immer | |
leichter, einen Ort im Gedächtnis abzurufen, dessen Atmosphäre ich mimdestens einen Tag allein | |
verinnerlichen konnte. |
|
|
|
Am letztem Tag lernte ich übrigerns Ray kennen! | |
Bemerkt hatte ich ihn bereits in der Aussteiger Kneipe und als schweigsamen, einsamen Wolf | |
eingeschätzt, der sich selbst genug war. Ich hielt ihn für einen Engländer, lernte, dass er aus | |
Südafrika kam und gar nicht so introvertiert war. An der Strandbar, an der ich ihn wiedersah, | |
kamen wir unvermittelt ins Gespräch und interessierten uns bald nicht mehr für unsere Umgebung. | |
Wir waren das perfekte house on fire, hatten denselben englisch angehauchten Humor und fühlten | |
uns schon so vertraut, als hätten wir uns ewig gekannt. | |
Der Blitz hatte eingeschlagen!! Es knisterte so sehr, dass ich kopfgesteuertes Wesen, das in 12 | |
Stunden am Flughafen sein musste, Mark und Aia um Mitternacht allein nachhause gehen ließ. | |
Aia fand das sehr lustig – Mark war entsetzt. So etwas spontanes hätte er mir nie zugetraut und | |
dass er Ray nicht mochte, machte es nicht besser! Ehrlich gesagt, war ich ähnlich überrascht wie | |
Mark, aber kein bisschen entsetzt. Es hat mir auch nicht geschadet, endlich konnte ich Polly | |
Peachums Zeilen: „Ja da muss man sich doch einfach hinlegen“ aus ganzem Herzen nachempfinden. | |
Es gibt eben nichts wahrhaftigeres als die Dreigroschenoper! | |
*** | |
Drei Wochen später gestand Aia mir in Berlin, dass sie alle, mit denen ich je verreist waren, | |
nachträglich beneidet hatte und ich zukünftig mehr mit ihr unternehmen sollte. Ich lachte und | |
versprach es, schließlich war mir ihre Gesellschaft genau so lieb! | |
Wir konnten ja nicht ahnen, wie kurz bemessen unsere gemeinsame Zeit sein würde. | |
Ja, der Mensch denkt - Gott lenkt, hätte unsere Oma dazu gesagt! | |
Sie führte Gott oft im Munde, war aber eher abergläubisch als religiös. Dass sie in ihren letzten | |
Stunden den Priester an ihr Krankenbett bat, damit die Heilige Ölung alle eventuellen Sünden von | |
ihrer Seele löschen möge, war weniger ein Beweis ihrer Gläubigkeit, als ihrer Feigheit. | |
Man kann ja nie wissen…. | |
Ein Gedanke, auf den meine Mutter nie gekommen wäre - und nicht nur weil derartige Ölungen | |
immer unmoderner wurden. Trotz oder gerade wegen meiner spöttischen Mutter war ich bei | |
meiner Kommunion noch fest überzeugt, dass die Hostie, die mir auf die Zunge gelegt wurde, | |
von Jesus durchtränkt war. | |
In dem Moment als Aia ( fatalerweise durch eigenen Leichtsinn) starb, hätte ich mir gewünscht, | |
immer noch gläubig genug zu sein, um Trost von Gott zu erbitten, Ich schrieb zwar mal ein | |
Gedicht an ihn, aber auf dieser Ebene kommuniziere ich auch mit dem Tod, dem Schicksal und | |
der Liebe. Um an Gottes spontane Hilfe oder dem Märchen vom Wiedersehen im Himmel zu | |
glauben, hätte ich als Kind der Südstaaten Amerika vermutlich bessere Karten gehabt. Dort ist | |
das Realität und "er wird in der Hölle schmoren“ ist ernst gemeint und hochaktuell! | |
In der deutschen Realität verpasste der erste Schock mir ein unfreiwilliges Zähneklappern. | |
Später bekam ich etwas zur Beruhigung, was an dem schmerzenden Pfahl in meinem Inneren | |
aber wenig änderte. Er blieb, war mal spitz mal stumpf, wütete mal im Herzen mal im Magen, | |
wollte ewig nicht weichen und ließ mich um Jahre altern. | |
Zum ersten Mal begriff ich mit aller Wucht die Endgültigkeit des Todes. | |
Meine Geschwister hatten es auch nicht leicht, wer sollte auch wen trösten wenn alle trostlos | |
sind und doch funktionieren müssen? | |
|
|
Letztendlich fand ich Trost in dem Gedanken von Aia träumen zu können. So hatte ich sie | |
immerhin nachts bei mir! Dass mein Unterbewusstsein mir gern dringliche Wünsche erfüllt, | |
hatte es mir schon bewiesen, und auch diesmal wurde ich nicht enttäuscht. Ich träumte fast jede | |
zweite Nacht von ihr! Irgendwann etwas weniger, aber in 30 Jahren war nicht ein einziger negativer | |
Traum dabei. Wir sind immer jung, fröhlich, abenteuerlustig und gerade vorgestern waren wir auf | |
dem Weg nach Samarkand! | |
So erleben wir in meinem Traum die phantastischen Reisen, zu denen wir im im wahren Leben | |
nie gekommen wären. | |
Mein zweiter Trost war übrigens die Tatsache, dass ich auch nicht ewig lebe und Aia nachfolgen | |
würde, bin jetzt aber doch froh, dass es nicht so schnell sein musste…. | |
home | |
Ahondissa | |
|